Minus 20% bis 2030
Argumente
Weniger Flugzeuge – Gut für’s Klima!
Rechtsgutachten bestätigt Forderung nach Absenkung der Slots
Die auf Umweltrecht spezialisierte Kanzlei Philipp-Gerlach & Teßmer (Frankfurt a. Main) kommt in einem Rechtsgutachten zu dem Ergebnis, dass der Bundestag verfassungsrechtlich die rechtliche Möglichkeit besitzt, den Verkehrsflughäfen bereits gewährte Flugrechte zu streichen, wenn dies notwendig ist, um das übergeordnete Ziel des Klimaschutzes zu fördern.
Das im Auftrag der Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) erstellte Gutachten stützt damit die politische Forderung nach einer Absenkung der Flugrechte auf den deutschen Verkehrsflughäfen um 20 Prozent bis zum Jahr 2030.
Eine Regelung zur Reduktion der derzeit verfügbaren Flughafen-Slots ist nach alledem verfassungsrechtlich möglich. Erforderlich ist eine Regelung durch den nationalen Gesetzgeber, die bei den Planfeststellungsbeschlüssen bzw. Betriebsgenehmigungen für Flughäfen ansetzt und in diesen umgesetzt werden muss. Vorgeschlagen wird eine prozentuale Reduktion von Flughafenslots an den koordinierten wie an den nicht koordinierten Flughäfen um 3 % p.a. gemessen an den im Jahr 2018 vergebenen Slots.
Eine entsprechende Regelung kann im Luftverkehrsgesetz vorgenommen werden. Diese Rechtsgrundlage soll die Genehmigungsbehörden der Länder verpflichten, die Flughafenslots in den Betriebsgenehmigungen entsprechend abzusenken.
Angesichts des Ziels der Bundesregierung, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen, ist der Eingriff in die Rechte der Flughafenbetreiber verhältnismäßig und notwendig, insbesondere, weil alternative Antriebsstoffe im nächsten Jahrzehnt nicht, oder nur in geringem Umfang zur Verfügung stehen. Der von Deutschland ausgehende Luftverkehr ist heute bereits für ca. acht Prozent der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich. Eine Reduktion der Schadstoffe ist also auf absehbare Zeit nicht durch neue Technologien oder weniger klimaschädliche Brennstoffe zu erwarten. Um die Klimaziele nicht zu gefährden, bleibt als einziger Weg eine Reduzierung des Angebots an Flugrechten.
Download: BVF Rechtsgutachten zur Reduktion von Start- und Landerechten (Slots)
Warum die Dekarbonisierung des Luftverkehrs bis 2050 nicht möglich ist.
Ein Argumentationspapier
Die Zukunft des Flugverkehrs und nachhaltiger Kraftstoffe steht auf dünnem Eis! Eine Studie behauptet zwar, dass im Jahr 2050 immer noch die meisten Flugzeuge mit herkömmlichem Treibstoff fliegen werden, aber ist das wirklich akzeptabel? Während ein bisschen Bio-Kerosin hergestellt wird, besteht die reale Gefahr, dass wir die verfügbare Biomasse schnell erschöpfen. Und sollen wir uns wirklich auf synthetisch hergestelltes Kerosin verlassen? Die Realität ist, dass die Herstellung dieses Kraftstoffs eine enorme Herausforderung darstellt und es mehr als fraglich ist, ob wir jemals genug davon produzieren können, um die Flugindustrie anzutreiben. Die Luftfahrtindustrie gibt zu, dass es unwahrscheinlich ist, den CO2-Ausstoß vollständig zu verhindern, und plant, die Restemissionen mit schwammigen Kompensationsmaßnahmen auszugleichen. Aber lasst uns nicht vergessen, dass die klimaschädlichen Auswirkungen des Fliegens nicht nur auf CO2 beschränkt sind. Es ist höchste Zeit, dass die Branche ihre Versprechen einhält und echte Veränderungen vorantreibt – bis dahin muss gelten: #minus20bis2030!
Download: Argumentationspapier Dekarbonisierung bis 2050 nicht möglich
Minus 20% bis 2030
Weniger Flugzeuge – Gut für’s Klima
Der Luftverkehr ist die klimaschädlichste Form des Reisens. Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, muss das Angebot an Flügen zurückgehen. Deshalb fordern wir Bundesregierung und Bundestag auf, die Flugrechte an den deutschen Verkehrsflughäfen bis 2030 um 20 Prozent zu kürzen.
Der Luftverkehr in Deutschland verursacht acht Prozent der klimaschädlichen Gase.
Bis 2045 wollen wir klimaneutral sein – Aber der Luftverkehr will sogar noch um fast die Hälfte wachsen!
Das muss verhindert werden!
Der Deutsche Bundestag muss handeln!
Argumente / 01 bis 05
Unsere Argumente
Argumente / 01
Wie klimaschädlich ist der Luftverkehr?
Bei der Verbrennung von 1 Kilogramm Treibstoff werden 3,15 Kilogramm CO2 in die Atmosphäre entlassen. Klimaschädliche Gase in der Atmosphäre entstehen aber nicht nur durch die Verbrennung von Kerosin. Neben dem CO2, das entsteht, tragen auch weitere Prozesse zur Erwärmung der Atmosphäre bei: NOx- Emissionen, Rußpartikel, an denen der Wasserstoff kondensiert. Es bilden sich Kondensstreifen und Cirruswolken, also Eiswolken, die einen zusätzlichen Treibhausgaseffekt haben. Als Maß für die Klimawirksamkeit dieser Effekte wird der Radiative Forcing Index (RFI) verwendet. Laut Umweltbundesamt (2012) liegt dieser Faktor zwischen 3 und 5.
Da diese zusätzlichen Effekte mit großer Unsicherheit behaftet sind, kommen Wissenschaftler zu unterschiedlichen Werten über den Anteil des Luftverkehrs an der Gesamtbelastung klimaschädlicher Treibhausgase. Schätzungen gehen von einer Spanne des Anteils des Luftverkehrs am gesamten, vom Menschen verursachten Klimaschaden durch den Luftverkehr zwischen 3,8 Prozent (DLR:2022) und 8 Prozent (UBA:2019) aus.
Laut Angaben des Europäischen Parlaments entfallen 13,4 Prozent der CO2– Emissionen im Verkehrssektor auf den Luftverkehr
Der Anteil des Luftverkehrs soll aber, geht es nach den Wachstumsprognosen der Branche innerhalb der kommenden 20 bis 30 Jahre deutlich zuzunehmen – in Deutschland um rund 45 Prozent bis 2050, global mindestens um das Doppelte.
Die Klimabelastung des Luftverkehrs entwickelt sich also gegenläufig zu den Reduktionszielen im Klimaschutzgesetz und gemäß den internationalen Klimazielen. Wächst der Luftverkehr im prognostizierten Umfang und gelingt es in anderen Bereichen auch nur annähernd die Reduktionsziele zu erreichen, so nimmt der Anteil des Luftverkehrs an den Gesamtemissionen drastisch zu. Damit droht sich eine Entwicklung zu beschleunigen, die in Deutschland bereits seit 1990 zu beobachten ist: In diesem Zeitraum sanken die Treibhausgasemissionen in Deutschland um ca. 25 Prozent. Die vom Luftverkehr ausgehenden Emissionen nahmen jedoch um 120 Prozent zu!
Argumente / 02
Wie wird sich der Luftverkehr in den nächsten Jahren entwickeln?
Weltweit wird immer mehr geflogen. 2018 stiegen mit 4,3 Milliarden Passagieren so viele Menschen in ein Flugzeug wie nie zuvor. Seit Beginn der 1990er Jahre hat sich die Passagierzahl global mehr als verdoppelt. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) erwartet, dass der weltweite Luftverkehr in den nächsten 20 Jahren jährlich um 3,7 Prozent zunehmen wird. 2040 rechnet das DLR mit 9,4 Milliarden Passagieren und 53 Millionen Flügen (2016: 35,5 Mio.). Zu ähnlichen Annahmen kommt die IATA (s. Schaubild).
Würde diese Entwicklung eintreten, würden sich die klimaschädlichen Emissionen in den nächsten zwanzig Jahren um etwa 50 Prozent erhöhen.
Argumente / 03
Luftverkehr und Klimaziele
Um die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter 2 °C zu begrenzen und den Temperaturanstieg bereits bei 1,5 °C zu stoppen, müssen die globalen CO2-Emissionen bis 2050 vollständig auf Netto-Null reduziert werden. Dieses Ziel ist für den Luftverkehr selbst dann nicht möglich, wenn ein vollständiger Ersatz von fossilem Kerosin durch alternative Treibstoffe oder Antriebsarten gelänge. Die Nicht- CO2– Effekte lassen sich auch bei Einsatz von alternativen Treibstoffen nicht vermeiden.
Deshalb muss durch ein Bündel von technischen Maßnahmen, höheren Ticketpreisen – und deutlich weniger Flugbewegungen der stets steigende Anteil des Luftverkehrs an den klimaschädlichen Emissionen reduziert werden.
Wachstum des Luftverkehr
gefährdet Klimaziele
Ein weiteres Wachstum des Luftverkehrs, wie von der Branche angestrebt, gefährdet die Erreichung der Klimaziele und muss deshalb durch ordnungspolitische Maßnahmen verhindert werden.
In einer aktuellen Studie der Fachzeitschrift „Nature“ kommen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass die gesamten klimaschädlichen Emissionen 2050 trotz nachhaltiger Treibstoffe und technischer Innovationen noch so hoch wie 2021 sein werden, wenn der Flugverkehr so wächst wie von der Industrie vorhergesagt.
Auch die Internationale Energie Agentur IEA sieht keine Chance, die Klimaziele im Flugsektor zu erreichen, ohne die Nachfrage zu bremsen. Weltweit dürften Geschäftsflüge und Fernurlaubsreisen nach diesen Studien nicht über das Niveau von 2019 hinausgehen.
Argumente / 04
Ist klimaneutrales Fliegen möglich?
Die Luftverkehrsbranche behauptet, in 30 Jahren würden wir klimaneutral fliegen. Was ist an dieser Behauptung dran?
Ab 2025 muss in der Europäischen Union Kerosin mit nachhaltigen Flugkraftstoffen versetzt werden. Der Anteil von Biokerosin (SAF) wird zu Beginn 2 Prozent betragen. Die Quote steigt bis 2030 auf 6 Prozent, ab 2035 müssen es 20 Prozent und bis 2050 dann 70 Prozent sein. Für synthetische Kraftstoffe, die aus abgeschiedenen CO2– Emissionen unter Einsatz von Strom entstehen, gilt eine Quote von 1,2 Prozent ab 2030, die 2050 auf 35 Prozent angehoben wird. Ob die Mengen an Biokerosin zur Verfügung stehen werden, ist mehr als fraglich.
Die Industrie setzt vor allem auf „High-Tech-Lösungen“: auf nachhaltige Kraftstoffe und die Entwicklung neuer Flugzeuge mit Batterien oder Wasserstoff-Tanks an Bord. Doch zumindest die neuen Antriebs-Technologien sind nur bedingt geeignet. Batterien haben eine viel geringere Energiedichte als Kerosin und sind folglich viel zu schwer für große Jets. Zum Einsatz werden sie wohl nur in Kleinstflugzeugen auf kurzen Strecken kommen. Wasserstoff wiederum braucht viel mehr Platz als Kerosin, um die gleiche Menge Energie zu speichern. Deshalb wären komplett neu konzipierte Flugzeuge nötig – und auch eine zusätzliche Tank-Infrastruktur an den Flughäfen.
Deshalb geht die Industrie davon aus, dass auch 2050 noch ein Großteil aller Flugzeuge mit klassischen Verbrenner-Triebwerken unterwegs sein werden – angetrieben jedoch mit immer mehr nachhaltigen Kraftstoffen, vorerst vor allem mit Bio-Kerosin, das etwa aus altem Speiseöl gewonnen wird. In Kleinstmengen wird es bereits produziert. Wie viel in Zukunft zur Verfügung stehen wird, ist unsicher. Denn die verfügbare Biomasse ist begrenzt. Konkurrenzen zur Produktion von Nahrungsmitteln sind vorprogrammiert. Zudem führt der Anbau zu einem hohen Flächenverbrauch.
So setzt die Branche vor allem auf synthetisch hergestelltes Kerosin – produziert aus erneuerbaren Energien, Wasser und CO2. Ob 2050 so große Mengen synthetischer Kraftstoffe produziert werden können wie nötig, scheint deshalb mehr als fraglich. Das Umweltbundesamt (UBA) rechnet jedenfalls nicht damit. Das Haupt-Problem ist die gigantische Menge an Energie, die zur Herstellung von synthetischem Kerosin benötigt wird. Würde man den heutigen Bedarf komplett synthetisch herstellen wollen, wäre mindestens dreimal so viel nachhaltig produzierter Strom nötig, wie 2021 weltweit von allen Solar- und Windkraftanlagen zusammen hergestellt wurden.
Deshalb ist zu befürchten, dass der Luftverkehr auch 2050 noch zu einem wesentlichen Anteil mit fossilem Kerosin betrieben wird. Auch aus einem weiteren Grund: Neue Flugzeuge haben eine Lebensdauer von 25 bis 30 Jahre. Oftmals werden sie auch länger geflogen. Selbst wenn es gelänge, klimaneutrale Flugzeuge zu bauen, werden über die Mitte des Jahrhunderts hinaus „alte“ Maschinen mit fossilem Treibstoff, bestenfalls mit Biokerosin gemischt, fliegen.
Die Luftverkehrswirtschaft fürchtet auch die steigenden Kosten durch den Einsatz von synthetischem Kerosin. Dessen Preis, so Experten wird etwa viermal so teuer sein, wie fossiles Kerosin. Ein Flug von Frankfurt nach New York würde etwa um 500 € teurer sein als heute.
Entgegen anderslautenden Botschaften in öffentlichen Kampagnen geht auch die Luftfahrtindustrie selbst nicht davon aus, dass sie den CO2-Ausstoß komplett verhindern kann. Verschiedene Verbände und Unternehmen, darunter Airbus, Boeing und die Internationale Luftfahrtvereinigung (IATA), haben im September 2021 einen gemeinsamen Bericht veröffentlicht, wie sie die Emissionen reduzieren wollen. In sämtlichen Szenarien bleiben demnach teils erhebliche Restmengen an CO2, die auf anderem Wege kompensiert werden sollen.
Auch bei der Herstellung von synthetischem Kerosin entstehen große Mengen CO2. Doch selbst, falls es gelingen sollte, die Kohlendioxid-Emissionen, die heute bei der Verbrennung in den Turbinen entstehen zu eliminieren, bliebe immer noch ein anderes Problem. CO2 ist nur für etwa ein Drittel der klimaschädlichen Wirkungen des Fliegens verantwortlich – etwa drei bis fünfmal so stark tragen die sogenannten Nicht-CO2-Effekte zur Erderhitzung bei, die auch bei der Verbrennung von synthetischem Kerosin, wenngleich in etwas geringerem Maße anfallen werden. Die klimaschädlichen Wirkungen des Fliegens würden auch im Falle des vollständigen Verzichts auf fossiles Kerosin nur um ein Drittel bis maximal die Hälfte sinken.
In einer aktuellen Studie, die in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde, haben Wissenschaftler verschiedene Szenarien durchgerechnet. In jedem Szenario wird der Flugverkehr auch 2050 noch Emissionen verursachen – umso mehr, je stärker die Zahl der Flüge zunimmt.
Bereits das erste Zwischenziel, das die Bundesregierung gesetzlich festgelegt hat, wird wohl verfehlt. Ab 2026 muss nämlich eigentlich 0,5 Prozent des in Deutschland getankten Kerosins synthetisch hergestellt sein. Doch das werde „nicht zu schaffen sein“, schreibt die „Aviation Initiative for Renewable Energy in Germany“ (aireg) auf Anfrage von Panorama. In dem Verband haben sich große Unternehmen der Luftfahrtindustrie und Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen.
Auch die Lufthansa räumt ein, dass „heute noch nicht alle Lösungen bekannt sind,“ um klimaneutrales Fliegen zu ermöglichen.
Argument / 05
Fliegen ist ein Luxusproblem
Die enormen Klimabelastungen des Luftverkehrs werden von einer Minderheit verursacht. Selbst im reichen Deutschland fliegt nur jeder zweite Bewohner. Und die meisten fliegen nur einmal im Jahr. Von den 155 Millionen Tickets in Deutschland (2018) gehen also die meisten auf die wenigen Prozent der Vielflieger.
Weltweit fliegen nur 11 Prozent der Weltbevölkerung. Ein Prozent der Menschen verursacht 25 Prozent des Flugverkehrs weltweit und damit Klimaschäden, unter denen alle leiden.